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Über Papi-Renten, Überbrückungen, 1e und sichere Renten

17 mal Ja, 16 mal Nein und 4 Enthaltungen. Knapper kann eine Abstimmung kaum gewonnen werden. Gewonnen hat sie der Urner FDP-Ständerat Josef Dittli mit seiner Motion 21.4142 «Altersguthaben schützen bei einem Austritt aus einem 1e-Plan». Schon in der vorberatenden Kommission ist die Abstimmung mit 6 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen knapp ausgefallen.


Worum geht es? Wie in der Februar-Ausgabe berichtet, sollen Vorsorgeguthaben des 1e-Planes bei einem Stellenwechsel bis zu zwei Jahre auf einer Freizügigkeitseinrichtung deponiert werden können. Dies wäre dann wünschenswert, wenn vor einem Stellenwechsel die Börsenkurse in die Tiefe stürzten und der neue Arbeitgeber keine 1e-Pläne anbietet. Statt die Wertschriften zu gefallenen Kursen zu verscherbeln, könnten sie bei der Freizügigkeitseinrichtung gelagert werden, um sie spätestens nach zwei Jahren zu veräussern - dann hoffentlich mit inzwischen gestiegenen Kursen.


Gewiss, die 2. Säule hat grössere Probleme als dieses. Doch laut Josef Dittli hätten «auch Arbeitnehmer mit hohen Löhnen Anrecht auf eine faire Behandlung.» Faire Behandlung? Bundesrat Alain Berset sieht es gerade umgekehrt: Die Vorzugsbehandlung wäre unfair gegenüber den anderen Versicherten, die bei einem Eintritt in die Vorsorgeeinrichtung ihre volle Freizügigkeit einschiessen müssten.


Die Bezeichnung «1e-Plan» leitet sich von Artikel 1e in der Verordnung BVV2 ab. In der Debatte im Ständerat erinnerte Sozialminister Alain Berset daran, dass bei dessen Einführung vor sechs Jahren der Gesetzgeber den überdurchschnittlich Verdienenden ab einem Einkommen von 132'300 Franken mehr Flexibilität einräumen wollte, indem sie aus verschiedenen Anlagestrategien wählen können. Mehr Flexibilität heisst aber auch mehr Verantwortung und mehr Risiken. Wer mit 1e-Plänen Risiken eingehen will, was ja freiwillig ist, soll auch die Konsequenzen tragen.


Sichere Renten versenkt


Bei einer anderen Motion ist es gerade umgekehrt: der Nationalrat sagte bereits Ja; der Ständerat inzwischen Nein. Die Rede ist von der Motion: 21.3017: «Sichere Renten dank umfassend kompetenter Verwaltung der Pensionskassengelder». Im Wesentlichen geht es darum, die heute geltenden Anlagelimiten aufzuheben und dem Stiftungsrat mehr Anlagekompetenz einzuräumen.


Nun, nach dem Nein im Ständerat ist die Motion mit dem irreführenden Titel der sicheren Renten vom Tisch - oder «versenkt», wie das gewerkschaftsnahe PK-Netz frohlockt. «Wir sind sehr erfreut, dass unsere Argumente gegen die Motion nun auch im Ständeratsplenum Gehör fanden», schreibt das gewerkschaftsnahe PK-Netz in einer Mitteilung. Ob die Ständeräte sich durch das PK-Netz beeinflussen liessen? Vielleicht eher durch den Pensionskassenverband Asip, der wiederholt und auch in diesen Spalten klarmachte: «Es besteht bezüglich Vermögensbewirtschaftung und Risikomanagement kein Anlass zu einer weiteren Legiferierung.»


Das Thema wird früher oder später wieder aufs Tapet kommen - einfach mit einer anderen Etikette. Das PK-Netz sagt es richtig: «Die Fokussierung der Motion auf die Anlageseite ist durchschaubar. Es ist ein Steilpass für die Finanzindustrie, um sich in der 2. Säule noch besser zu positionieren.»


Sind Papi-Renten noch zeitgemäss?


In manchen Fällen sind Fragestunden im Parlament aufschlussreicher als Debatten. Bemerkenswert ist eine Frage zur Kinderrente der AHV für Menschen im Rentenalter. 2022 haben gut 23'000 Personen eine solche Seniorenrente erhalten, die eigentlich nichts anderes sind als Kinderrenten für Pensionierte. Rund 230 Millionen Franken kosten diese Renten pro Jahr - und jedes Jahr werden es mehr. So wollte Mitte-Nationalrat Benjamin Roduit vom Bundesrat wissen, ob er plane, Massnahmen dagegen zu ergreifen. Allein der Absender der Frage ist bemerkenswert. Üblicherweise sind es SVP-Parlamentarier, die sich an diesen Renten stören, auch weil fast ein Viertel davon ins Ausland fliesst.


SP-Bundesrat Berset verweist auf eine Studie des Büro Bass aus dem Jahr 2019: «Insgesamt leben minderjährige Renten auslösende Kinder relativ betrachtet deutlich häufiger in leistungsschwächeren Unterstützungseinheiten als Minderjährige in Unterstützungseinheiten von Eltern, die keine Rente aus der 1. Säule beziehen und damit auch keinen Anspruch auf eine Kinderrente haben», steht in der Studie zu lesen. Berset schliesst daraus, dass diese Renten das Armutsrisiko senken würden.


So oder so: Vor zwei Jahren stimmten beide Kammern der Kommissions-Motion 21.3462 zu, wonach der Bundesrat bis Ende 2026 eine Vorlage zur Stabilisierung der AHV für die Zeit von 2030 bis 2040 zu unterbreiten hat. Bei dieser Vorlage sollen auch all die Hinterlassenen- und Kinderrenten den neuen Gegebenheiten angepasst werden.


Keine Nachfrage nach einer Überbrückung


Interessant ist auch eine Frage des Waadtländer SP-Nationalrats Pierre-Yves Maillard. Es geht um das Bundesgesetz über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose, das Mitte 2021 in Kraft getreten war. Bis Ende 2022, also in anderthalb Jahren, wurden nur gerade in 671 Fällen Leistungen zugesprochen. Der inzwischen abgetretene St. Galler Ständerat Paul Rechsteiner hat vor einem knappen Jahr mit seiner Interpellation 22.3561 darauf hingewiesen, dass die Anspruchsvoraussetzung wohl zu restriktiv seien. Das bestätigten auch Vollzugsbehörden, RAV und Sozialämter.


Laut Gesetz muss der Bundesrat bis Mitte 2026 darüber Bericht erstatten und wenn nötig Anpassungen vorschlagen. Was Alain Berset in der Herbstsession in Aussicht stellte, bestätigte er nun in der Fragestunde vom 6. März 2023 dem: Ein Zwischenbericht soll bereits Ende 2023 vorliegen.


Säule 3a ist «angemessen»


Und da wäre noch die verlockende Idee, den Maximalbetrag für die Säule 3a auf 15'000 Franken für Personen mit einer beruflichen Vorsorge und auf 45'000 Franken für Personen ohne berufliche Vorsorge zu erhöhen. Der Nationalrat hatte der parlamentarische Initiative 20.494 vom Berner SVP-Nationalrat Erich Hess im Frühjahr 2022 entgegen dem Antrag der Kommission Folge gegeben, wenn auch nur knapp.


Wenig überraschend lehnten die Ständeräte, die in gewissem Sinne Kantonsvertreter sind, das Vorhaben in der Frühjahrssession ab. Der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller begründete die ablehnende Haltung mit den Steuerverlusten, die vor allem die Kantone zu spüren bekämen. Die steuerlich begünstigten Maximalbeträge seien «angemessen» und «verhältnismässig», sagte er im Namen der Kommissionsmehrheit.


Wie hoch die Steuerausfälle ausfallen würden, lässt sich kaum abschätzen. Aufschlussreich ist aber folgende Zahl gemäss der Statistik zur direkten Bundessteuer: Danach sollen 2017 nur gerade 10,8 Prozent der Erwerbstätigen den maximal erlaubten Betrag in die Säule 3a einbezahlt haben.



Erschienen in «Schweizer Personalvorsorge» Mitte April 2023


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