Krankenkassen für Auslandschweizer
- viertesaeule
- 27. Aug. 2019
- 5 Min. Lesezeit
Wer in der Schweiz die Zelte abbrechen und sich für längere Zeit im Ausland niederlassen will, tut gut daran, sich rechtzeitig über die Krankenversicherung zu informieren. So lassen sich böse Überraschungen und Kosten vermeiden.
Die günstigste Grundversicherung zu finden ist in der Schweiz
einfach. Mehrere Onlineportale, eines davon vom Bundesamt
für Gesundheit (BAG), machen einem die Arbeit erträglich.
Schwierig wird es, wenn man den Wohnsitz ins Ausland verlegt.
Da kommt es darauf an, ob man Rentner, Entsandter,
Auslandschweizer, Diplomat, Student, oder eine Person in
militärischer Mission ist. Und dann muss man noch zwischen
erwerbstätigen oder nicht erwerbstätigen Familienangehörigen
unterscheiden. Und selbstverständlich kommt es auch darauf
an, in welchem Land man sich niederlässt; in der EU oder
ausserhalb.
Die wichtigste vorab: Wer bei einer Schweizer Krankenkasse
versichert sein will und nicht mehr dem
Krankenversicherungsgesetz (KVG) unterstellt ist, muss den
Antrag stellen, solange man in der Schweiz noch nicht
abgemeldet ist und somit seinen Wohnsitz noch nicht ins
Ausland verlegt hat. Verreisen und dann der Krankenkasse die
Adressänderung bekannt geben, geht also nicht. So will es die
Finanzmarktaufsicht (Finma).
Andernfalls müsste sich der Krankenversicherer den Vorwurf
gefallen lassen, man würde im Ausland Versicherungen
verkaufen, was ihnen untersagt ist.
Grundsätzlich gilt es zu unterscheiden, ob das neue Domizil in
der EU liegt oder ausserhalb. Zuerst zur EU: In gewissen Fällen
bleibt man weiterhin dem KVG unterstellt. Das gilt für
Rentnerinnen und Rentner, die in ein Land der EU ziehen und
von der Schweiz - nur von der Schweiz - eine Rente beziehen,
sei es von der AHV oder der IV. Sie dürfen nicht nur, sie
müssen sogar bei einer Schweizer Krankenkasse die
obligatorische Grundversicherung haben. So will es nicht die
Finma, so wollen es die bilateralen Verträge mit der EU. In der
EU gilt das Erwerbsortprinzip.
Ausnahme: Mit einzelnen Ländern hat die Schweiz ein
Optionsrecht vereinbart. So etwa mit den direkten
Nachbarländern oder Spanien, wo also der Rentner, die
Rentnerin, wählen kann, ob man die Grundversicherung in der
Schweiz oder im Wohnsitzland abschliessen will.
Zieht ein Portugiese nach seiner Pensionierung zurück in die
Heimat, um sich dort mit der AHV und dem Geld der
Pensionskasse einzurichten, so besteht für die Krankenkasse
ein Aufnahmezwang, weil eben der Portugiese von der Schweiz
eine Rente bezieht. Er ist dann gemäss der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung (OKP) versichert.
Womit wir bei einer weiteren Ausnahme der Regel wären: Nur
Krankenkassen mit über 500'000 Grundversicherten sind
verpflichtet, Auslandschweizer im EU-Raum zu versichern.
So wie in der Schweiz die Prämien von Kanton zu Kanton
unterschiedlich hoch ausfallen, variieren sie im EU-Raum von
Land zu Land. Sie werden aufgrund der jeweiligen Kosten
berechnet, die die Versicherten im entsprechenden Land in
Rechnung stellen. Krankenkassen mit vielen Versicherten
können tendenziell tiefer kalkulieren, weil sich das Risiko auf
mehr Schultern verteilt.
In Frankreich zum Beispiel ist die CSS
viermal teurer als Progres, die zur Helsana-Gruppe gehört.
So viel zu Bürgerinnen und Bürger, die sich in einem EU-Land
niederlassen. Ganz anders verhält es sich bei Auswanderern,
die in ein Land ausserhalb der EU ziehen. Jedem Versicherer
ist es freigestellt, entsprechende Angebote zu führen. Unter den
bekannten Schweizer Krankenversicherern sind es nur die
CSS, KPT und Swica, welche Auslandschweizer ausserhalb
der EU versichern.
Achtung: Das Gesagte gilt nicht für Entsandte, also für Frauen
und Männer, die bei einem Arbeitgeber in der Schweiz unter
Vertrag stehen und für eine gewisse Zeit ins Ausland gehen.
Es gilt nur für Schweizerinnen und Schweizer, die hierzulande
die Zelte abbrechen und nicht als Entsandte im Sinne des
Schweizer Sozialversicherungsrechts gelten.
Entsandte sind sozialversicherungsrechtlich weiterhin in der
Schweiz versichert. So haben auch andere Versicherte, wie
etwa Groupe Mutuel oder Helsana, OKP-Versicherte in ihrem
Portefeille, die ausserhalb der EU wohnen und berufstätig sind -
eben Entsandte.
An dieser Stelle interessieren nur «echte» Auswanderer. Mit
über 2500 Versicherten ist die KPT Schweizer Marktführer für
freiwillige Krankenversicherungen ausserhalb des EU-Raums.
Ihre dominierende Rolle hat historische Gründe: Die
Krankenkasse des Personals des Bundes und der
Transportanstalten, so der frühere Name, versicherte stets das
diplomatische Corps - und tut dies heute noch. Die
Mitarbeitenden des Departements für auswärtige
Angelegenheiten (EDA, die auf Botschaften und in
Organisationen in der ganzen Welt arbeiten, sind bei der KPT
krankenversichert.
Interessant ist der Umstand, dass bei der KPT die Prämien
ausserhalb Europas einheitlich sind. Also in den USA oder in
Japan wohnhafte Schweizerinnen und Schweizer, wo
Spitalbehandlungen bekanntermassen überdurchschnittlich
hoch sind, zahlen gleich hohe Prämien wie Personen, die in
Tunesien, Brasilien oder China wohnen. «Wir haben
festgestellt, dass die Kostenunterschiede von Land zu Land
nicht gross abweichen», sagt Markus Rudaz, der bei der KPT
für den Kundendienst und Spezialversicherungen zuständig ist.
Das hat auch damit zu tun, dass Auslandschweizer, die in
einem Land mit einer zweifelhaften Gesundheitsversorgung
wohnen, sich häufig in der Schweiz behandeln lassen.
Nun muss man wissen, dass die Deckung der internationalen
Krankenversicherung der schweizerischen OKP ähnlich, aber
nicht identisch ist. Sie gehorcht nicht dem
Krankenversicherungsgesetz (KVG), sondern dem
Versicherungsvertragsgesetz (VVG), so wie die
Zusatzversicherungen generell. So hat die freiwillige
Krankenversicherung Marke KPT bei den Spitalkosten eine
obere Limite. Man kann diesen Cap gegen einen Aufpreis
ausschliessen. 90 Prozent der KPT-Kunden tun dies. Dazu ein
Beispiel: ein 40-jähriger Mann zahlt bei der Franchise von 1000
Franken und einem Selbstbehalt von 10 Prozent ohne
Unfalldeckung eine Prämie von 132 Franken und für den
Spitalzusatz halbprivat 64.40 Franken im Monat.
Neben der KPT bieten auch Swica und CSS Lösungen für
Auslandschweizer ausserhalb der EU an. Der International
Health Plan der CSS kennt zwei Tarifzonen. Die teurere gilt für
Japan, Hongkong, Singapore, Kanada und die USA. Im Rest
der Welt - immer ausserhalb der EU - zahlt man weniger.
Wie generell bei Zusatzversicherungen besteht für die
Krankenkassen kein Aufnahmezwang. Ältere Personen oder
solche mit einem gesundheitlichen Leiden werden unter
Umständen Mühe haben, sich bei einer schweizerischen
Krankenkasse zu versichern. Sie müssen sich allenfalls an
einen der zahlreichen internationalen Anbieter wenden.
Bekannt sind etwa die deutsche Allianz Care, die britische
Bupa, die luxemburgische Global Health oder Cigna Global mit
Sitz in Glasgow. Die in Bern domizilierte Visana beispielsweise
vermittelt die internationale Krankenversicherung von Cigna.
Wer im Ausland bei Cigna versichert ist, kann bei seiner
Rückkehr in die Schweiz bei der Visana eine
Zusatzversicherung ohne Gesundheitsprüfung abschliessen.
Das gleiche gilt bei der KPT für Versicherte der Allianz Care.
Soliswiss ist eine Genossenschaft für Auslandschweizer. Sie
berät zum Thema Auswanderung, Reisen, Globetrotten oder
bei Rückkehr in die Schweiz. Doch «Soliswiss ist keine
Versicherung und vermittelt auch keine Versicherungen», stellt
Geschäftsführerin Nicole Töpperwien klar. Man gebe Tipps,
worauf man achten müsse. Für Vermittlungen und konkrete
Offerten verweist Soliswiss an ihre Partnerin Strategic
Alliances. Sie ist exklusiv für die gesamte
Versicherungsberatung von Soliswiss-Mitgliedern zuständig,
berät aber auch Nichtmitglieder. Sie lebt von der
Vermittlungsprovision.
Gloria Pozzi ist bei der Strategic Alliances in der
Geschäftsleitung und auch Partnerin. Sie besteht darauf, keine
Empfehlung abzugeben, welche ausländische Anbieter etwa in
Frage kommen, mit welchen sie gute Erfahrung mache. «Das
kommt auf ganz viele verschiedene Faktoren an», sagt sie.
Unter anderem auch aufs Alter, aufs Wohnsitzland, auf die
Versicherungsdeckung, auf die Dauer des Auslandaufenthaltes
und die Nationalität der Person. Nur im Beratungsgespräch
könne man die individuellen
Erschienen auf Swissinfo am 28. August 2019
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