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Gleichbehandlung von Rentnern bei Wohlfahrtsfonds

Es gibt sie noch, die Wohlfahrtsfonds - aber es sind immer weniger. 2020 zählte das Bundesamt für Statistik (BfS) noch 965 Wohlfahrtsfonds, die ein Vermögen von fast 10 Milliarden Franken verwalteten.


Die allein durch den Arbeitgeber alimentierten Fonds sollen für Not- und Härtefälle von Arbeitnehmenden eingesetzt werden. Doch wenn Arbeitgebende aus Goodwill einen patronalen Wohlfahrtsfonds errichten, sollten ihnen nicht Steine in den Weg gelegt werden.


Das Problem ist altbekannt und wurde 2016 mit der Inkraftsetzung von Art. 89aZGB zumindest teilweise gelöst. Damit wurden patronale Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen gestärkt und administrativ entlastet.


Daniela Schneeberger, FDP-Nationalrätin aus Basel-Landschaft, ist Präsidentin des Vereins Patronfonds. Sie sieht weiteren Handlungsbedarf. «Als Präsidentin von Patronfonds werde ich immer wieder von unseren Mitgliedern auf Schwierigkeiten in der Praxis hingewiesen», sagte sie Anfang Mai in der Sondersession, als ihre Motion 21.3564 im Nationalrat behandelt wurde.


Schneeberger fordert darin die Gleichbehandlung von rentenbeziehenden Personen bei Härtefallleistungen von Wohlfahrtsfonds. Mit ihrer Motion, die sie am 5. Mai 2021 eingereicht hatte, will sie diese «ärgerliche und ungerechte Regulierung» korrigieren, wie sie sagte.


Es geht ihr um den AHV-Freibetrag. Für Rentnerinnen und Rentner beträgt dieser 16'800 Franken im Jahr. Aber nur für ordentlich pensionierte, also für die über 65-jährigen Männer und die über 64-jährigen Frauen. Wer vorzeitig in Pension geschickt wird und zur Überbrückung Geld vom Wohlfahrtsfonds bekommt, muss ab dem erste Franken AHV-Beiträge leisten.


Nun ist es so, dass ausserordentliche Unterstützungsleistungen des Arbeitgebers zur Linderung einer finanziellen Not vom massgebenden Lohn ausgenommen sind. So steht es in der Verordnung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV). Im entsprechenden Artikel 8quater steht aber auch, dass eine finanzielle Not dann vorliegt, wenn der Existenzbedarf nicht gesichert ist.


Zu viel Bürokratie?


Laut Schneeberger hat sich die Koppelung der finanziellen Not an die Definition des Existenzbedarfs nicht bewährt. Die entsprechende Abklärung sei nur mit einem hohen bürokratischen Aufwand zu bewerkstelligen. Mit einer einheitlichen AHV-Freigrenze blieben in Not geratene Menschen die Bittgänge an Behörden erspart.


Das sieht der Bundesrat ganz anders: «Es trifft nicht zu, dass sich das bisherige Verfahren nicht bewährt habe und mit hohem bürokratischem Aufwand verbunden sei», schreibt er in seiner Stellungnahme vom 1. September 2021. Die Ausgleichskassen seien bestrebt, den Aufwand aufs Nötigste zu limitieren. Bei einer ausgewiesenen Notlage würden sich zusätzliche Abklärungen erübrigen.


Im Rat sagte Sozialminister Alain Berset am 3. Mai 2023, mit dieser Motion würden neue Ungleichheiten geschaffen. Nur jene Frührentner, die aus einem Wohlfahrtsfonds Geld erhielten, profitierten vom Freibetrag. Das wäre eine Privilegierung gegenüber Frührentnerinnen, die von der ordentlichen Pensionskasse oder vom Arbeitgeber eine Überbrückungsleistung erhielten.


Zudem muss man wissen, dass Beiträge bis zum ordentlichen AHV-Alter rentenbildend sind. Eine Ausdehnung des Freibetrags würde es Bezügerinnen und Bezügern von Leistungen aus dem Wohlstandsfonds erschweren oder gar verunmöglichen, ihre künftige Altersrente zu verbessern, weil sie auf Wohlfahrtsfondsleistungen bis zu einem Betrag von 16'800 Franken generell keine Beiträge mehr entrichten. Dies hätte auch nachteilige Auswirkungen auf die Altersrenten ihrer Ehegatten.


Der Nationalrat stimmte trotz dieser berechtigten Bedenken der Motion zu, wenn auch nur knapp mit 80 zu 76 Stimmen bei 27 Enthaltungen. Der Ständerat dürfte das anders sehen.


Und wieder mal Nachhaltigkeit


Anderes Thema: Nicht nur Linke und Grüne kämpfen für mehr Nachhaltigkeit im Pensionskassenwesen, auch der Mitte-Nationalrat Martin Landolt tut es. Mit seiner Motion 23.3135 will er das Erzielen von Nachhaltigkeitsziele als treuhänderische Pflicht im BVG verankert haben Die Vorsorgeeinrichtungen sollen jährlich darüber Rechenschaft ablegen.


Der Bundesrat lehnt die Motion mit der gleichen Begründung ab, wie er das bei früheren, ähnlichen Vorstössen getan hat. Er setzt weiterhin auf freiwillige Lösungen und lehnt gesetzliche Vorgaben von Reporting-Standards ab. Zudem verweist er auf die zahlreichen Bemühungen, wie sie von den Pensionskassen auf freiwilliger Basis gemacht werden.


Was der Bundesrat in seiner Begründung indessen nicht sagte: Da wird doch in nachhaltiger Hartnäckigkeit den Vorsorgeeinrichtungen der hohe Verwaltungsaufwand vorgehalten. Und doch erliegt Bundesbern dem Hang, den Pensionskassen immer mehr Auflagen aufzubürden.


Erschienen in «Schweizer Personalvorsorge» Mitte Juni 2023


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