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Alterskinderrenten für die 2. Säule?

Aktualisiert: 20. März 2024

Sobald im Mai die AHV-Statistik publiziert wird, interessiert mitunter die Frage, wie viele Kinderrenten ins Ausland fliessen, namentlich nach Thailand. Manchmal warten Journalistinnen nicht auf aktuelle Zahlen und bringen die Story schon Mitte Januar: «Mit Kinderrente gut leben im AHV-Paradies Thailand», schreibt das Gratisblatt «20Minuten».

 

Die Geschichte ist trotzdem aktuell: Drei Tage später, am 18. Januar 2024, verlangt die nationalrätliche Sozialkommission (SGK-N) mit der Motion 24.3004, die Alterskinderrenten in der AHV wie auch in der beruflichen Vorsorge abzuschaffen. Zusätzlich sei eine Regelung bei den Ergänzungsleistungen zu finden, um Rentnerinnen und Rentner mit Kindern zusätzlich zu unterstützen. Die Regelung gilt nur für Neurentner. Die Ausgewanderten in Thailand und anderswo können aufatmen.

 

Grünliberale im linken Lager

 

Die linke Minderheit in der SGK-N beantragt, die Motion abzulehnen. Interessanterweise gesellt sich auch die Grünliberale Melanie Mettler zum linken Lager. Sie erklärt auf Anfrage, die Alterskinderrenten in der AHV seien lediglich die Weiterführung der Kinderzulagen, zu denen Erwerbstätige jeder Einkommensklasse berechtigt seien. Wobei hier einzuschränken ist, dass die Höhe der Kinderrenten in den meisten Fällen ein Vielfaches einer Kinderzulage

ausmacht. Unter anderem meint sie zudem, Eltern seien im Pensionsalter überdurchschnittlich oft armutsgefährdet. Es sind die gleichen Argumente, die auch die Linken ins Feld führen.

 



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Die grünliberale Melanie Mettler stimmte mit den Linken.


So oder so: Mit dieser Neuerung würden nicht nur die AHV, sondern auch die Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule entlastet. In Artikel 17 BVG steht: «Versicherte, denen eine Altersrente zusteht, haben für jedes Kind, das im Falle ihres Todes eine Waisenrente beanspruchen könnte, Anspruch auf eine Kinderrente in Höhe der Waisenrente.»

 

Wie hoch die finanzielle Entlastung ausfallen würde, lässt sich nicht abschätzen. Erstens gilt die neue Regelung - sollte sie dereinst in Kraft treten - nur für Neurentner. Und zweitens gilt sie nur für Altersrentner und nicht für IV-Rentner.

 

191 Mio. Franken Kinderenten

 

Im Unterschied zur AHV unterscheidet die Pensionskassenstatistik nicht zwischen Alterskinderenten und IV-Kinderrenten. Wir wissen also lediglich, wie viele Franken in der 2. Säule für Kinderrenten insgesamt bezahlt werden: 2022 waren es 191 Mio. Franken. Im Vergleich zu den BVG-Altersrenten von 25,2 Mrd. Franken machen also die Kinderrenten nicht mal ein Prozent aus.

 

Noch etwas: Gewisse Vorsorgeeinrichtungen zahlen gar keine Alterskinderrenten gemäss Art. 17 BVG. Denn das Bundesgericht hat in BGE 136 V 313 festgehalten, dass es bundesrechtskonform ist, wenn eine Vorsorgeeinrichtung keine Kinderrente in ihrem Reglement vorsieht, sondern eine einzige Rente, die höher ist als der Gesamtbetrag der im BVG vorgesehenen Rente und Kinderrente. Anrechnungsprinzip, nennt man das.

 

Witwer wie Witwen

 

Mehr zu reden als die Kinderrenten gibt eine andere sozialpolitische Vorlage, die sich bis zum 29. März 2024 in der Vernehmlassung befindet: die Anpassung der Witwen- und Witwerrenten in der AHV. Im Wesentlichen geht es darum, Witwer und Witwen gleichzustellen. Auf den ersten Blick könnte man meinen, die Eidgenossenschaft wolle damit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrente (EGMR) Genüge tun, deren Kammern zum Schluss kamen, der Beschwerdeführer aus dem Appenzell habe eine Ungleichbehandlung erlitten.

 

Das will die Eidgenossenschaft in der Tat. Doch das Urteil kam ihr gerade gelegen, eine alte Pendenz zu erledigen. Schon in der AHV-Abstimmung von 2004 wollten Bundesrat und Parlament den Anspruch von Witwen an die gesellschaftliche Entwicklung anpassen. Das Ansinnen scheiterte, weil gleichzeitig das Frauenrentenalter hätte angepasst werden sollen.

 

In der 2. Säule schon Realität

 

Im Unterschied zur oben genannten Kommissionsmotion zu den Kinderrenten hat die Anpassung der Witwen- und Witwerrenten in der AHV keine Auswirkungen auf die 2. Säule. Im BVG ist die Anspruchsberechtigung auf Witwen- oder Witwerrenten im Vergleich zur AHV eingeschränkt. Zudem spricht man im BVG nicht von Witwen und Witwern, sondern vom überlebenden Ehegatten.

 

Und doch könnte die genannte Revision auch auf die 2. Säule Auswirkungen haben, sollte sie in der vorliegenden Form umgesetzt werden. Der Bundesrat will nämlich auch unverheiratete Mütter und Väter beim Tod des Partners begünstigen. Das ist neu und gäbe jenen Kritikern Auftrieb, die die Plafonierung der AHV-Rente bei Ehepaaren als Heiratsstrafe bezeichnen. Doch angesichts der Vorteile der Ehepartner bei den Hinterlassenenleistungen wäre Heiratsbonus treffender. Dieser Bonus verliert an Wert, wenn auch Konkubinatspaare begünstigt werden.

 

Im BVG ist die Konkubinatsrente nicht vorgeschrieben, wird aber von vielen wenn nicht von den meisten Vorsorgeeinrichtungen im überobligatorischen Bereich gewährt. Womöglich wäre das dann der nächste Schritt: die Einführung einer obligatorischen Konkubinatsrente.

 

Abschaffung Managementgebühren

 

Kommen wir zu einem noch hängigen Postulat, das die 2. Säule ins Mark treffen könnte. 

Ein Postulat ist unverbindlicher als eine Motion. Es beauftragt den Bundesrat lediglich zu prüfen, ob gesetzliche Massnahmen zu treffen sind. Und wenn der Bundesrat das Postulat zur Annahme empfiehlt, so ist es meistens gegessen.

 

Nicht so das Postulat 23.3909 des St.Galler SVP-Nationalrats Lukas Reimann. Er will Managementgebühren auf verwalteten Vermögen streichen und versteckte Transaktionskosten offenlegen. Am 30. August 2023 empfiehlt der Bundesrat das Postulat zur Annahme.

 

Bankenlobbyist wehrt sich

 

Doch der Zürcher FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann hat etwas dagegen. Er bekämpft es. Seine Gründe liegen auf der Hand: Er ist Direktor der LGT Bank (Schweiz) und verantwortet dort das Privat Banking für den Schweizer Markt. Die Diskussion wurde daher verschoben. Es dürfte in der Frühjahrssession prioritär behandelt werden.

 

Doch selbst wenn das Plenum dem Antrag Portmanns folgen sollte und das Postulat ablehnt, bleibt es dem Bundesrat freigestellt, einen Erlass zu erarbeiten und ihn dem Parlament vorzulegen, um Managementgebühren auf den verwalteten Vermögen zu streichen. Soweit wird es kaum kommen. Wenn überhaupt wird wohl eher der zweite Punkt des Postulats aufgegriffen: die Offenlegung der Transaktionskosten.  Der Bundesrat zeigte sich bereit, die Frage der Zusammensetzung der Vermögensverwaltungskosten und «insbesondere die Frage, ob allfällige nichttransparente Vermögensverwaltungskosten von Vorsorgeeinrichtungen bestehen», mit einer Studie abzuklären.

 

 

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Erschienen in «Schweizer Personalvorsorge» Mitte Februar 2024


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